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Forschungsergebnisse

Forschungsresultate zur Strategieentwicklung im digitalen Zeitalter

Datenerhebung
Die von der FHNW Hochschule für Wirtschaft, Partnern und Sponsoren durchgeführte Studie mit 1812 Teilnehmenden wurde im Zeitraum Januar bis April 2021 mit drei Datenerhebungsmethoden erarbeitet:

  • Eine repräsentative telefonische Quotenstichprobe von 390 Schweizer KMU-Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern,
  • „Eine Online-Befragung – basierend auf dem gleichen Fragbogen – mit einer Gelegenheitsstichprobe von 1422 Teilnehmenden, und
  • „Fallstudien mit 21 Schweizer Firmen, welche einen Einblick in ihre Strategiearbeit erlaubten.

In diesem Kapitel wird die Zusammenfassung der Resultate
der erstgenannten Datenerhebungsmethode präsentiert.

Grundlage bietet dabei die Auswertung der repräsentativen telefonischen KMU-Befragung. Zum Vergleich wurde die Sicht der Grossunternehmen (mit mehr als 250 Mitarbeitenden, n = 301) aus der Gelegenheitsstichprobe untersucht und der Quotenstrichprobe gegenübergestellt.

Digitalisierung in der Unternehmensstrategie
Digitalisierung auf Unternehmensstrategie-Ebene bezieht sich in den Augen der Geschäftsführenden von Schweizer KMU in erster Linie auf interne Prozesse und Abläufe; knapp jede/r Dritte (30%) nennt auf die Frage nach wichtigen Themen in Bezug auf die Digitalisierung eine Antwort aus dem Bereich «Process Engineering». Jede/r Vierte nennt den Bereich «Digital Marketing» (24%). Für einen von 14 Befragten (7%) ist kein Thema
mit Bezug zur Digitalisierung relevant, weitere 16 Prozent können oder wollen die Frage nach Themen, welche sie in Zusammenhang mit der Digitalisierung beschäftigen, nicht beantworten.

Marktanalysen
Marktanalysen inkl. Kunden- und Konkurrenzanalysen werden von mehr als der Hälfte der KMU (52%) mindestens einmal jährlich durchgeführt, rund ein Viertel (24%) führt sie seltener durch und ein weiteres rundes Viertel (23%) führt niemals Marktanalysen durch. Je mehr Mitarbeitende ein Unternehmen hat, desto eher werden Marktanalysen durchgeführt; bei 3–9 Mitarbeitenden führen 50 Prozent mindestens einmal pro Jahr Marktanalysen durch, bei 10–49 Mitarbeitenden 57 Prozent, bei 50–249 Mitarbeitenden 58 Prozent. Die Zahlen der Grossunternehmen sind in etwa vergleichbar mit denjenigen der KMU.

Flexibilität der Unternehmensstrategie
Schweizer KMU beurteilen die Flexibilität ihrer Unternehmensstrategie mit 6,9 auf einer 10er- Skala, wobei 1 für «unantastbar/starr» und 10 für sehr «antastbar/flexibel» steht. Bei Firmen mit 3–9 Mitarbeitenden liegt der Flexibilitäts-Mittelwert am höchsten (7,0), bei 10–49 Mitarbeitenden liegt er am tiefsten (6,5), bei 50–249 Mitarbeitenden in der Mitte (6,8). Die durchschnittliche Bewertung der strategischen Flexibilität durch die Befragten von Grossunternehmen ist niedriger (5,6) als diejenige der KMU.

Digitale Strategie
Die Hälfte der befragten KMU (50%) verfügt über eine digitale Strategie. Von diesen ist sie bei rund einem Drittel (31%) Teil der Unternehmensstrategie, bei 7 Prozent besteht sie als separate Strategie und bei 12 Prozent ist sie Teil der IT-Strategie. Firmen mit einem Umsatz von über CHF 5 Millionen verfügen am ehesten über eine digitale Strategie (74%); bei zwei Fünfteln dieser Unternehmen (40%) ist sie Bestandteil der Unternehmensstrategie, bei einem weiteren Fünftel (20%) ist die digitale Strategie Teil der IT-Strategie und bei 4 Prozent ist es eine eigene Strategie. Rund ein Viertel (26%) der Unternehmen in der höchsten Umsatzklasse verfügt über keine digitale Strategie. Eine Kreuzung der Daten mit der Frage zu den Marktanalysen ergibt, dass rund jedes sechste KMU (16%) weder Marktanalysen durchführt, noch über eine digitale Strategie verfügt. Grossunternehmen geben weitaus häufiger an, über eine digitale Strategie zu verfügen (75%) als KMU (50%). Ebenfalls haben die Grossunternehmen deutlich seltener (2% der Befragten) keine Marktanalyse und keine digitale Strategie (im Gegensatz zu den KMU mit 16%).

Einfluss der Digitalen Transformation
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Unternehmensstrategie in den nächsten zwei bis drei Jahren aufgrund der Digitalisierung angepasst werden muss, wird von den KMU auf durchschnittlich 56 Prozent geschätzt. Die höchste Dringlichkeit sehen Firmen mit 10–49 Mitarbeitenden (62%) und Firmen mit CHF 5 Millionen Umsatz und mehr (60%). Grossunternehmen schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Unternehmensstrategie aufgrund der Digitalisierung/Digitalen Transformation in den nächsten 2–3 Jahren (weiter) angepasst wird, im Durchschnitt auf 67%. Diese Schätzung ist 11 Prozentpunkte höher als beim Durchschnitt der befragten KMU (56%).

Einfluss von COVID-19
Die Unternehmensstrategie wird von der Corona-Krise beeinflusst: Durchschnittlich schätzen die befragten Geschäftsführerinnen und -führer den Einfluss mit einer 4,5 auf der 10er-Skala ein, wobei 1 «überhaupt keinen Einfluss» und 10 «sehr starken Einfluss» bedeutet. Auffallend ist hier die sehr hohe Einschätzung der Branche «Gastgewerbe, Kunst, Design und Unterhaltung» mit einer 7,4 auf der 10er-Skala. Grosse Unternehmen scheinen im Durchschnitt stärker (5,3) von der Corona-Krise betroffen zu sein als KMU.

Bedrohung durch digitale Strategien der Konkurrenz
Konkurrenten, welche digitale Strategien verfolgen, bedeuten für einen Drittel (33%) der Befragten eine gewisse Bedrohung. Befürchtet werden in erster Linie günstigere Preise (8%) und bessere interne Prozesse (7%) der Konkurrenten. Jedes zwanzigste Unternehmen (5%) geht davon aus, Marktanteile zu verlieren, jedes 25. Unternehmen (4%) erwähnt die besseren Produkte/Dienstleistungen sowie die besseren Kundenbeziehungen aufgrund der Digitalisierung der Konkurrenz. Die Befürchtungen sind über die Subgruppen der Firmengrösse nach Mitarbeiteranzahl und Umsatzklasse sehr stabil. Der Vergleich zwischen der Wahrnehmung einer Bedrohung durch Wettbewerber (die digitale Strategien verfolgen) zwischen Grossunternehmen (61%) und KMU (33%) deutet darauf hin, dass dies ein Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Unternehmensgrössen ist. Dies deutet darauf hin, dass Grossunternehmen eher eine Wettbewerbsbedrohung wahrnehmen und mit einer digitalen Strategie weitaus aktiver darauf reagiert haben als KMU.

Änderung der Markt-/Marketingpositionierung in den letzten zwei Jahren
Etwas mehr als zwei Fünftel (44%) der Befragten haben in den letzten zwei Jahren zumindest teilweise ihre Markt-/Marketingpositionierung verändert. Am ehesten war dies bei der mittleren Umsatz-Kategorie (CHF 1 Million bis unter CHF 5 Millionen: 49%) und der mittleren Mitarbeiteranzahl-Kategorie (10–49 Mitarbeitende: 49%) der Fall. In Korrelation mit der Frage nach der digitalen Strategie ergibt sich etwas mehr als ein Viertel der KMU (28%), welche eine digitale Strategie haben und eine Änderung an ihrer Markt-/Marketingpositionierung vornahmen in den letzten zwei Jahren. Demgegenüber geben 60% der befragten Grossunternehmen an, dass ihr Unternehmen in den letzten 24 Monaten die Markt- und Marketingpositionierung zumindest teilweise verändert hat.

Fortschritt der Digitalisierungsbemühungen
Der Fortschritt der Digitalisierungsbemühungen wird durchschnittlich auf 56 Prozent geschätzt: Die Geschäftsführerinnen und -führer sehen sich also etwas weiter als in der Hälfte ihres Weges der Digitalen Transformation. Je grösser das Unternehmen ist, desto höher wird der Fortschritt eingeschätzt: Unternehmen mit 3–9 Mitarbeitenden schätzen ihre Digitalisierungsbemühungen zu 54%, solche mit 10–49 Mitarbeitenden zu 59% und diejenigen mit 50–249 Mitarbeitenden als zu 62% erreicht. KMU berichten im Vergleich zu den Grossunternehmen im Durchschnitt einen leicht höheren Grad an Fortschritt (56% vs 53%) bei der Digitalisierung ihres Unternehmens.

Zufriedenheit mit der Digitalen Transformation
Rund vier Fünftel (81%) der Befragten sind sehr zufrieden oder zufrieden mit dem Stand der Digitalen Transformation im Unternehmen. Die Zufriedenheitswerte sind über die verschiedenen Firmengrössen nach Anzahl Mitarbeitenden und nach Umsatzkategorie sehr stabil. Die KMU berichten im Vergleich zu Grossunternehmen im Durchschnitt von einem höheren Grad an Fortschritt (2,83 vs. 2,67 auf einer Skala von 0–6) bei der Digitalisierung ihres Unternehmens. Auch der Grad der Zufriedenheit mit der Digitalen Transformation ist bei KMU signifikant höher als bei den Grossunternehmen (2,98 vs. 2,58).

Umsetzung konkreter strategischer Massnahmen im digitalen Zeitalter
Zum Umsetzungsgrad der Digitalen Transformation wurden insgesamt 35 Massnahmen aus sieben verschiedenen Handlungsfeldern abgefragt. Die Skala reichte von 1 (überhaupt nicht umgesetzt) über 4 (teilweise umgesetzt) bis 7 (voll und ganz umgesetzt).

Alle sieben Handlungsfelder erhielten einen KMU-Umsetzungsmittelwert von knapp 50% (3.4) oder mehr:

  • Customer Centricity: 4.0
  • Process Engineering: 4.0
  • Digital Business Development: 3.9
  • Digital Leadership and Culture: 3.9
  • Data and Cloud: 3.9
  • New Technologies: 3.5
  • Digital Marketing: 3.4

Über alle Handlungsfelder betrachtet erhalten die KMU-Massnahmen «Kundenfokussierung/Erfüllung von Kundenerwartungen (4,7, Handlungsfeld «Customer Centricity»), «zeit- und ortsunabhängige Datenverfügbarkeit» (4,7, Handlungsfeld «Data and Cloud»), «Förderung der Kunden- und Partnerbeziehungen» (4,5, Handlungsfeld «Customer Centricity») und «Schaffen einer modernen Arbeitswelt» (4,5, Handlungsfeld «Digital Leadership and Culture») die höchsten Umsetzungswerte. Die niedrigsten Umsetzungsmittelwerte erhalten die Massnahmen «Einsatz/Nutzung von künstlicher Intelligenz» (2,0, Handlungsfeld «New Technologies»), «Entscheidungsfindung mittels neuer Technologie-Plattformen» (3,0, Handlungsfeld «New Technologies») und «Automatisierung von Marketingaktivitäten (3,0, Handlungsfeld «Customer Centricity»).

Empfehlung für Schweizer Unternehmen
Die Studie zeigt, dass Schweizer KMU viel mehr Energie in Marktanalysen investieren könnten (und sollten), speziell im Vergleich zu der höheren gemessenen Aktivität in Grossunternehmen. Analysen würden so auch Input für die vielfach fehlenden digitalen Strategien in KMU liefern. So würde – mit der Analyse und der Erarbeitung von (digitalen) Strategien – die Basis für die eigene Transformation erarbeitet und geplant werden (vergleich Folgekapitel «ACT-Methode»). Es wäre speziell empfehlenswert, den oben genannten Themen, Fragestellungen und Potenzialen in der Strategieentwicklung Zeit und Raum für Diskussionen zu geben. Denn gemäss den Studienresultaten ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Unternehmensstrategien aufgrund der Digitalisierung, der Digitalen Transformation und der Pandemie (COVID-19) weiter angepasst werden müssen. Unternehmen brauchen praxisnahe und validierte Strategien, um im digitalen Zeitalter und aufgrund der Bedrohungen von Mitbewerbern weiterhin erfolgreich unterwegs zu sein. Die Resultate zeigen auch: Die Investition in die Digitale Transformation lohnt sich.

Beziehen Sie die komplette Publikation mit den Forschungsresultaten, den Fachartikeln und den Praxisleitfaden zur Strategieentwicklung im digitalen Zeitalter (Planung & Umsetzung der Digitalen Transformation).